BZ Bank Das Institut von Martin Ebner hat schwer gegen Aufsichtsrecht verstossen. Interessenkonflikte wurden ignoriert, Kontrollen versagten.
Mitte Mai haben sich die Richter in St. Gallen mit der BZ Bank des Schwyzer Milliardärs und Financiers Martin Ebner befasst. Das Institut habe «aufsichtsrechtliche Bestimmungen der Finanzmarktgesetzgebung schwer verletzt», steht im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts BVG. Das 46-seitige Urteil liegt der «Handelszeitung» in anonymisierter Form vor. Die Chronologie der Sachverhalte lässt eindeutig auf die BZ Bank als Beschwerdeführerin schliessen. Weder das Finanzinstitut noch Mehrheitseigner Martin Ebner nehmen auf Anfrage zum Urteil Stellung.
Das BVG-Urteil folgt der Erstinstanz, der Finanzmarktaufsicht Finma, und weist die Beschwerde der Bank ab. Rekursinstanz wäre das Bundesgericht, dort ist keine Beschwerde gegen das Urteil eingegangen. BVG-Sprecher Rocco Maglio: «Nachdem uns das Bundesgericht bis heute keine Mitteilung über den Eingang einer Beschwerde gemeldet hat, gehen wir davon aus, dass es rechtskräftig ist.»
Kurz vor Börsenschluss
Die Geschichte beginnt im Frühjahr 2015. Damals amtet T. M. (Name der Redaktion bekannt) als Chef der BZ Bank. Ihr Mehrheitseigner Martin Ebner ist Mitglied der Geschäftsleitung und verantwortet die Anlagepolitik. In diese Zeit fällt ein Aktiengeschäft, das die Börsenaufsicht SIX aufhorchen und die Finma später ein Enforcement-Verfahren eröffnen lässt.
Am 27. März 2015 gibt Mobilezone bekannt, man habe den deutschen Anbieter EinsAmobile übernommen. Der Kaufpreis betrage 70 Millionen Franken. Ein Teil wird in bar, ein Teil in Mobilezone-Aktien beglichen. Bereits am 18. März, neun Tage vor der Übernahme, hat Martin Ebner von einer geplanten Transaktion bei Mobilezone erfahren. Denn deren CEO fragt Ebner telefonisch an, ob er im Hinblick auf eine Akquisition circa eine Million Mobilezone-Aktien zur Verfügung stellen könne.
Mobilezone muss sich nämlich zuerst mit eigenen Aktien eindecken, um die Firmenübernahme tätigen zu können. Der Mobilezone-Chef erwähnt gegenüber Ebner allerdings nicht, welche Firma das Übernahmeziel ist. Einige Tage später einigt man sich auf einen Preis von 12,75 Franken pro Aktie. Die Bank ihrerseits schliesst eine Vereinbarung mit Ebners privater Investmentgesellschaft Patinex ab, wonach sie über Patinex an Mobilezone rund eine Million Aktien zu 12,75 Franken verkaufen kann. Dazu muss man wissen: Patinex ist zu jenem Zeitpunkt grösste Einzelaktionärin von Mobilezone.
Gewinn entgangen
Schliesslich kauft die Bank am Tag der Übernahme knapp 780 000 Mobilezone-Aktien. Die Mobilezone-Aktie geht punktgenau bei 12,75 Franken aus dem Handel. Der Vorgang ist insofern heikel, als BZ-Investmentchef Ebner just an jenem Tag auch Mobilezone-Aktien aus Kundenbeständen veräussert. Die Bank verkauft nämlich bis Börsenschluss 104 000 Mobilezone-Aktien aus einem von ihr verwalteten Sondervermögen.
Die Aktien aus dem Sondervermögensbestand gehen mehrheitlich direkt an Mobilezone, «wodurch Patinex weniger Aktien habe andienen können und ihren Buchgewinn erhöht habe», heisst es im BVG-Urteil. Dadurch sei dem BZ-Bank-Kunden ein Gewinn von mindestens 110 000 Franken entgangen. Am nächsten Börsentag, dem 30. März, eröffnet die Mobilezone-Aktie mit einem Plus von 8,3 Prozent.
Die BVG-Richter sehen in Ebners Verkaufsorder ein Verhalten zuungunsten des BZ-Kunden beziehungsweise zugunsten seiner Patinex: Ebner habe am Nachmittag des 27. März 2015, als er den Auftrag für den Verkauf von Mobilezone-Aktien aus Kundenvermögen gibt, sich nicht im Glauben befunden, dieser Verkauf werde zum Kundenvorteil sein, sondern es sei ihm darum gegangen, die Mobilezone versprochenen Aktien «ohne oder unter möglichst kleiner Verringerung des Bestands der Patinex» zu beschaffen.
Zu diesem Zeitpunkt weiss Ebner bereits, wen Mobilezone übernehmen wird: Er hatte am Mittag einen Lunch mit den verkaufsbereiten EinsAmobile-Besitzern. «Die sinngemässe Behauptung von Ebner, dass er davon ausgegangen sei, der Kurs der Aktien von Mobilezone werde nach Bekanntgabe der Übernahme der EinsAmobile mittel- beziehungsweise langfristig sinken, ist nicht glaubhaft», heisst es im Urteil. Damit folgen die St. Galler Richter der Finma, wonach die BZ Bank ihre Treuepflicht gegenüber Kunden verletzt hat.
Grenzen verschwimmen in der BZ Bank
Die Mobilezone-Transaktion zeigt, wie Ebner gleichzeitig für Patinex, für die BZ Bank und für deren Kunden gehandelt hat. Die Grenzen zwischen Patinex und Bank würden verschwimmen, sagt die Finma, «was in der räumlichen Nähe, aber auch in der starken Stellung von Ebner und seiner Doppelfunktion» als BZ-Anlagechef und Patinex-Präsident begründet sei.
Eine Doppelfunktion hat auch Ralph Stadler inne: Er ist bei der BZ Bank als Rechtschef zuständig für den Bereich Legal und Compliance. Gleichzeitig amtet er als zeichnungsberechtigtes Organ für Ebners Patinex und erledigt für Letztere auch juristische Arbeiten. «Das Risiko von Interessenkonflikten, Insiderhandlungen und marktmanipulativem Verhalten ist erhöht», findet die Finma, die ein «Organisationsversagen» bei der Bank ausmacht. Ein Verdikt, das nun das BVG sanktioniert. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Finma darin «eine schwere Verletzung von Aufsichtsrecht» sehe, schreibt das Gericht.
Angesprochen auf Interessenkonflikte in der Mobilezone-Transaktion gab Legal- und-Compliance-Chef Stadler gegenüber der Finma an, dass sensitive Informationen mit einer Art «nicht formalisierter Chinese Wall» geschützt würden. Ebner selbst fand, es hätten keine Interessenkonflikte bei der Mobilezone-Transaktion bestanden: Er manage grundsätzlich mögliche Interessenkonflikte bezogen auf Bank, Patinex und Sondervermögen «in seinem Kopf». Anders beurteilte die Finma die Interessenslage: Sie machte «systematische Schwachstellen im Kontrollsystem der Bank» aus, weil für die Doppelstellung von Ebner und Stadler «geeignete Kontrollmechanismen und Informationsbarrieren beziehungsweise Vertraulichkeitsbereiche» fehlten.
Sperrliste ohne Einträge
Beispielsweise leitet der BZ-Compliance- und Patinex-Mann Stadler ein E-Mail des Mobilezone-Chefs mit vertraulichen Transaktionsdetails an den damaligen BZ-Chef T. M. weiter, der nicht in den Deal involviert war, aber als Bankanalyst die Mobilezone-Aktie abdeckte. Kein Einzelfall, wie das BVG-Urteil ausgeführt: T. M. habe Titel von Gesellschaften analysiert, bei denen Patinex – die wie die Bank von Ebner kontrolliert wird – Grossaktionärin gewesen sei.
Die BZ wies ihre Bankkunden nicht auf solche bestehenden Interessenkonflikte hin, wenn ihre Analysten Titel aus dem Portfolio von Patinex bewerteten. Um solche Interessenkonflikte zu vermeiden, verlangt das Aufsichtsrecht Vorkehrungen. Dazu gehört eine Sperrliste, die den Handel mit gewissen Wertpapieren verbietet. Die BZ führte zwar grundsätzlich eine solche Liste. «Darauf sind aber nie Titel vermerkt worden», heisst es im Urteil. Das BVG bestätigt damit das Finma-Verdikt, wonach die Bank über Jahre gegen die Regeln zur «Unabhängigkeit der Finanzanalyse» verstossen habe.
Mehr noch: Die BZ Bank hat gemäss Urteil systematisch und wiederholt sogenanntes Market Making, also aktive Kurspflege, betrieben. Und zwar ohne konkreten Auftrag eines Emittenten, der die Liquidität seiner Aktien sicherstellen möchte. Und «in Titeln, die von der Bank empfohlen wurden und die teilweise auch Patinex hielt», wie es im Urteil heisst. Die Finma beurteilte diese «Preisstabilisierungsmassnahmen» als «unzulässig». Die BVG-Richter folgten dem Urteil der Aufsicht.
Fehlende Kontrolle der Mitarbeiter
So heikel die Kurspflege und der Umgang mit Interessenkonflikten, so lückenhaft war die Aufsicht der Bank über ihre Mitarbeitenden. Deren private Handelsgeschäfte mit Drittbanken habe die BZ Bank nicht systematisch kontrolliert. Die Bank habe sich zu sehr auf die Integrität ihrer Mitarbeitenden verlassen, heisst es dazu im Gerichtsurteil. Ebner dagegen führte gegenüber der Aufsicht aus, dass die «Integrität (der Mitarbeitenden) als höchstes Gut» für die Ansprüche an die Funktionentrennung und die Regularien ausreiche.
Zu was die mangelhafte Kontrolle von Bankmitarbeitenden im Einzelfall führen kann, zeigt das Beispiel von T. M. Er war ab 2012 GL-Mitglied und ab Herbst 2014 Bankchef. Gemäss BVG-Urteil hat T. M. während zweieinhalb Jahren über 800 Handelsgeschäfte bei Drittbanken getätigt, ohne diese der Geschäftsleitung zu melden. T. M. führte dabei über lange Zeit sehr viele Transaktionen in Titeln aus, für die er als Analyst tätig gewesen war. Auch andere Mitarbeitende der Bank hätten Meldungen über Wertschriftentransaktionen bei Drittbanken unterlassen und Stadler als Leiter Compliance teilweise unzutreffend darüber informiert. Die Finma verordnete allen Bankmitarbeitenden periodisch wiederkehrende Schulungen zu Marktverhaltensregeln.
BZ-Chef T. M. trat gemäss Medienmitteilung der BZ Bank Mitte Juni 2016 «aus gesundheitlichen Gründen» von seinem Amt als Bank-CEO zurück. Gemäss Urteil entband ihn der BZ-Verwaltungsrat Ende Mai 2016 von der Cheffunktion. Auf T. M. folgte BZ-Mehrheitseigner Martin Ebner. Die Finma erliess Anfang 2018 eine Verfügung gegen die BZ Bank, wonach unter anderem eine geeignete Trennung der Funktionen innerhalb der Bank sicherzustellen sei. Insbesondere sei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Organe der Bank Doppelfunktionen ausüben bei der BZ Bank und gleichzeitig bei Patinex.
Ende 2018 treten Martin Ebner als Bankchef und Ralph Stadler als Rechtschef zurück. In der NZZ begründete Ebner seinen Rücktritt als BZ-Chef damit, dass wegen seiner vielfältigen Tätigkeiten als Investor die Kundenakquisition bei der BZ Bank zu kurz gekommen sei. «Viele Kunden sind mit mir in die Jahre gekommen», fügte er hinzu.