BZ Bank Ein ehemaliger Topmanager soll Insiderhandel betrieben haben. Der Fall beschäftigt die Gerichte.
Myriad hatte grosse Pläne. Im Sommer 2014 wollte die Zürcher Softwarefirma einen Chat-Messenger als Handy-App lancieren. Vom potenziellen Gamechanger wusste man nicht nur in der Firma selber, sondern auch anderswo. Bei der BZ Bank.
Ihr damaliges Geschäftsleitungsmitglied T. M. (Name der Redaktion bekannt) soll davon Wind bekommen haben, schreibt die Bundesanwaltschaft in ihrer Anklageschrift: T. M. stand in regelmässigem Kontakt mit Richard Francis und Stephen Dunford. Diese hielten den Banker «auf seine Anfrage hin über den zeitlichen Rahmen des ‹launches› (…) auf dem Laufenden». Francis und Dunford waren bestens im Bild über die Vorgänge. Denn die beiden Manager amteten seinerzeit als Finanzchef beziehungsweise Firmenchef von Myriad. Und die Zürcher Softwareentwicklerin, ein weiteres pikantes Detail, gehörte damals zu einem Viertel dem Mehrheitseigner der BZ Bank, dem Schwyzer Milliardär Martin Ebner.
BZ Bank – Über das Depot seiner Ehefrau
Am Tag vor der offiziellen Lancierung der Handy-App informierte Myriad-Chef Dunford den hochrangigen BZ-Bank-Manager per E-Mail über die formelle Ankündigung. Eine kursrelevante Information. Knapp eine Stunde nach Dunfords E-Mail führte T. M. einen Wertschriftenauftrag aus. Über das Depot seiner Ehefrau bei der Saxo Bank kaufte er Myriad-Aktien im Wert von knapp 110 000 Franken. Am Tag der App-Lancierung schossen die Myriad-Aktien in die Höhe und gingen schliesslich mit einem Plus von 17,5 Prozent aus dem Handel.
Ein lukratives Geschäft bahnte sich an. T. M. veräusserte nämlich die Papiere der Softwarefirma ein paar Wochen später mit einem Gewinn von 75 000 Franken wieder. Die Bundesanwaltschaft legt T. M. nun in der Anklageschrift das «Ausnützen von Insiderinformationen» zur Last. Er habe mit der Myriad-Transaktion einen «unrechtmässigen Vermögensvorteil» erzielt.
Finma erstattet Strafanzeige gegen BZ Bank
Anfang Mai wird der Fall vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verhandelt. Dann, an der Hauptverhandlung, wird auch klar, welches Strafmass die Bundesanwaltschaft fordert. Das Bundesgesetz über Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel sieht dabei eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Der anstehende Strafprozess gegen T. M. ist in einem grösseren Kontext zu sehen. Die Bundesanwaltschaft erliess im letzten Herbst einen Strafbefehl; diesen akzeptierte der Ex-BZ-Banker aber nicht, worauf die Bundesanwaltschaft Anklage erhob. Der Strafuntersuchung vorausgegangen war eine Anzeige der Finanzmarktaufsicht (Finma) im Sommer 2017. Die Erkenntnisse darin basierten auf Untersuchungen, welche die Finma bereits zuvor gegen die BZ Bank geführt hatte. Es ging dabei unter anderem um das Ausnützen von Insiderinformationen, Marktmanipulation, Verletzung von Treuepflichten, angemessene Organisation und Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit.
Nicht vor Bundesgericht angefochten
Dabei bestätigte das Bundesverwaltungsgericht im letzten Jahr den Entscheid der Finma als Erstinstanz, wonach die Bank im Mehrheitsbesitz von Martin Ebner «schwer gegen Aufsichtsrecht» verstossen habe. Die BZ Bank verzichtete darauf, das 46-seitige BVG-Urteil vor Bundesgericht anzufechten.
Ins Rollen kam der Fall bereits vor fünf Jahren, Anfang Mai 2016. Die Finma eröffnete damals ihr Enforcement-Verfahren gegen die BZ Bank. Kurz darauf entband der BZ-Verwaltungsrat T. M. von seiner Funktion als Bankchef. Er war für die Bereiche Handel, Kundenberatung, Portfoliomanagement und Research zuständig. Gesundheitliche Gründe hätten zu diesem Entscheid geführt, liess die Bank später mitteilen. Ebner selbst amtete daraufhin als Chef der BZ Bank. Anfang 2017 trat auch der Tippgeber von T. M., Myriad-Chef Stephen Dunford, zurück. «Krankheitsfall in der Familie», so lautete dort die offizielle Begründung.
Entgegen bankinterner Weisungen
Die private Myriad-Transaktion von T. M. war offenbar kein Einzelfall. So führte die Finma-Untersuchung unter anderem zutage, dass der frühere Topbanker während mehrerer Jahre über 800 Wertschriftentransaktionen bei Drittbanken durchgeführt haben soll. Entgegen bankinternen Weisungen meldete er seinem damaligen Arbeitgeber diese privaten Trades jedoch nicht. Dabei handelte es sich auch um Titel, für die er als Analyst tätig gewesen war. Wobei T. M. auch Unternehmen analysiert haben soll, bei denen BZ-Bank-Mehrheitseigner Martin Ebner indirekt ein gewichtiger Aktionär gewesen war.
Im Januar 2020 schliesslich machte die Aufsicht ihren Enforcement-Entscheid gegen T. M. publik, und zwar unter dem Titel «Finma ahndet schweren Fall von Insiderhandel». So habe der ehemalige Bankmanager und Gewährsträger «schwer gegen Aufsichtsrecht» verstossen. Er habe Insiderinformationen ausgenutzt, die er aufgrund seiner Tätigkeiten bei der Bank erhalten habe. Auch soll er privilegierte Informationen weitergegeben haben. Neben dem Insiderhandel missachtete der Ex-BZ-Bank-Manager, so die Finma, mit weiteren privaten Handelsgeschäften jahrelang systematisch bankinterne Weisungen. Die Aufsichtsbehörde entschied, unrechtmässig erzielte Gewinne in der Höhe von 730 000 Franken einzuziehen. Zudem verfügte die Finanzmarktaufsicht gegen T. M. ein Berufsverbot von vier Jahren und ein Tätigkeitsverbot als Händler von sechs Jahren.
Noch nicht rechtskräftig
Doch wie der Strafbefehl der Bundesanwaltschaft ist auch der Entscheid der Finma gegen T. M. nicht rechtskräftig: Er sei hängig vor dem Bundesverwaltungsgericht, sagt Finma-Sprecher Tobias Lux auf Anfrage. Derweil ist Ex-Banker T. M. weiterhin im Umfeld von BZ-Bank-Mehrheitseigner Martin Ebner tätig. So sitzt er unter anderem als Verwaltungsrat in Firmen, in denen der Schwyzer Financier investiert ist.
Bei der BZ Bank blieb in den letzten Jahren jedenfalls kein Stein auf dem anderen: Ende 2018 traten Martin Ebner als Bankchef sowie sein Rechtschef Ralph Stadler zurück. Ebners Nachfolger, der Deloitte-Wirtschaftsprüfer Rolf Schönauer, blieb nur rund zwei Jahre im Amt. Seit Dezember 2020 leitet Stefan Holzer das Schwyzer Finanzinstitut. Er sass zuvor im Verwaltungsrat der BZ Bank.
Nachtrag
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat ein ehemaliges Kadermitglied der BZ Bank inzwischen vom Vorwurf des «Ausnützens vertraulicher Tatsachen» freigesprochen. Die Bundesanwaltschaft wird das Insider-Urteil anfechten, wie sie gegenüber der «Handelszeitung» bestätigt. «Die Bundesanwaltschaft hat beim Bundesstrafgericht Berufung angemeldet gegen das ergangene Urteil», sagt BA-Sprecher Anthony Brovarone.
Konkret ging es um umstrittene Handelsaktivitäten in Zusammenhang mit der Aktie der Zürcher Softwarefirma Myriad Group; die «Handelszeitung» berichtete. Die Bundesanwaltschaft hatte im letzten Herbst Anklage gegen den Ex-Bankchef erhoben, nachdem dieser einen Strafbefehl der BA nicht akzeptiert hatte.
Dem strafrechtlichen Verfahren war eine Untersuchung der Finanzmarktaufsicht vorausgegangen. Die Finma spricht dabei öffentlich von einem «schweren Fall von Insiderhandel» und belegt den Ex-BZ-Banker Anfang 2020 mit einem mehrjährigen Berufs- und Tätigkeitsverbot sowie einem Gewinneinzug von 730’000 Franken. Der Entscheid der Finma ist vor Bundesverwaltungsgericht noch anhängig.