Björn Näf Der ehemalige Topmanager der Swiss hat einen der verschwiegensten Jobs der Airline-Industrie. Er pilotiert die Flotte des saudischen Königshauses.
Das Linkedin-Profil von Björn Näf bietet Raum für Spekulationen. Als Berufsbezeichnung steht da «CEO», als Arbeitsort «Kingdom of Saudi Arabia». Doch für welche Firma Näf im royalen Wüstenstaat tatsächlich arbeitet, gibt er in seinem Social-Media-CV nicht preis: Da steht seit Juli 2018 bloss «Confidential» in roten Lettern. Die Geheimniskrämerei hat ihre Bewandtnis. Denn Näf hat wohl einen der delikatesten Jobs in der gesamten Airline-Industrie gefasst.
Der ehemalige Swiss-Manager und frühere Gulf-Air-Boss ist seit drei Jahren Chef der Saudi Royal Aviation. Mit dieser «Head of State»-Airline lassen sich die gekrönten Häupter des Wüstenreichs um die Welt fliegen. Namentlich: die Nummer eins der absoluten Monarchie, König Salman, und die Nummer zwei, sein Sohn, Kronprinz Mohammed bin Salman, auch MBS genannt. Just dieser MBS geriet ins Kreuzfeuer der internationalen Kritik. Wenige Monate, nachdem Näf seinen Job als CEO der königlichen Flotte angetreten hatte. MBS soll nämlich den Mord am Regimekritiker und Journalisten Jamal Khashoggi in der saudischen Botschaft in Istanbul angeordnet haben.
Angesichts möglicher Verstrickungen seines Chefs in ein Mordkomplott ist es verständlich, dass Näf seinen Job in der Wüstenmonarchie nicht an die grosse Glocke hängen möchte. Zumal die weltweite Kritik am saudischen Herrscherhaus Näfs Aufgabe, die gekrönten Häupter sicher von A nach B zu fliegen, nicht einfacher gemacht hat.
Sicherheit und Verfügbarkeit zählen
Im Telefongespräch mit der «Handelszeitung» gibt sich der erfahrene Airline-Manager zunächst zugeknöpft. Zitate zieht er schliesslich zurück. «Ich bin sicher, das kommt besser an.»
Dabei gibt es einiges zu erzählen zu Näfs Chefposten bei der Saudi Royal Aviation. Der Schweizer Expat dirigiert nämlich eine ausgewachsene Airline. Die SRA, so die Abkürzung der königlichen Flotte, dürfte wohl um die zwei Dutzend Fluggeräte zählen und mehrere Hundert Mitarbeitende stark sein. Es sind Passagier-Grossraumflugzeuge à la 747 oder Triple Seven, die auf die Bedürfnisse von Privat-Jet-Kunden zugeschnitten wurden. In der Schweiz würde diese operative Grössenordnung etwa für den Chefposten bei Helvetic Airways oder Edelweiss Air reichen. In Saudi-Arabien genügen dafür die gehobenen Transportbedürfnisse zweier Landesfürsten samt ihrer Entourage.
Es handelt sich um Bedarfsfliegerei auf höchstem Niveau. Die Ansprüche an die SRA verlangen eine «seamless mobility solution», also eine nahtlose Mobilitätslösung. Übersetzt heisst das: Solche «Very Very Important People» werden mit Helikoptern zu ihren «fliegenden Palästen» gebracht und von dort wieder zurück. Jederzeit und überall auf der Welt. Geld spielt da, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle. Was zählt, ist maximale Verfügbarkeit und Sicherheit. Mittlerweile behandelt die Herrscherfamilie offenbar auch das Thema Nachhaltigkeit prioritär. Als Beispiel dient die autofreie Öko-Musterstadt namens Neom im Norden des Landes. Sie gilt als Leuchtturmprojekt fürs postfossile Zeitalter des zweitgrössten Ölförderers der Welt. Zugleich pusht der jungdynamische MBS den Tourismussektor. Das Potenzial ist gross: Bietet Saudi-Arabien doch von hohen Bergen über spektakuläre Wüsten bis hin zu attraktiven Stränden die ganze Palette an massentouristischen Sehnsuchtsorten. Auch Expat Näf hat das Land in seinen drei Jahren bei der SRA bereits intensiv bereist.
Heftiger Widerstand
Er muss es wissen. Schliesslich hat der 55-jährige Airline-Manager Björn Näf im Laufe seiner Karriere schon in zahlreichen Weltgegenden gearbeitet. Anfang der 1990er Jahre startete der gelernte Feinmechaniker als Pilot bei der Crossair und schlug dann eine Konzernkarriere ein: Er brachte es bis zum designierten Chef der Swiss-Regionalflotte. Doch die Billigtochter hob nach heftigem Widerstand seitens der Piloten nie a
Näf kehrte – mit einem Harvard-Nachdiplom in der Tasche – der Schweiz den Rücken. Er hatte die organisierte Welt satt. Von der Teppichetage in Basel wechselte Näf zunächst in den afrikanischen Busch. Ein heilsamer Kulturschock, dem er sich als Leiter der Transafrik unterzog. Der Fracht-Carrier bediente im Auftrag des UNO-Welternährungsprogramms alle Krisenherde in Afrika, wie etwa Kongo, Uganda und Angola. Näf musste beispielsweise eine Luftbrücke im Sudan unterhalten. Täglich wurden so 16 Tonnen Nahrung aus einer Höhe von 700 Fuss mit sechs Hercules-Maschinen abgeworfen respektive verteilt. Der Transafrik-Job brachte ihn fast um seine Gesundheit: In Angola fesselte ihn die Malaria wochenlang ans Spitalbett.
Björn Näf übernahm Chefposten
Das afrikanische Abenteuer hatte ein Ende, als André Dosé seinen Swiss-Weggefährten zum Engagement in Bahrain überredete. Während Dosé den Chef bei der Gulf Air gab, war Näf fürs Operative zuständig. Doch das Schweizer Tandem hielt nur vier Monate. Dosé überwarf sich mit den Scheichs – und Näf übernahm den Chefposten mit 5000 Mitarbeitenden. Doch die Finanzkrise brachte die Gulf Air in Turbulenzen. Die Saudis blieben als Kundschaft aus und der bahrainische Staat mischte sich als Eigner immer stärker ins operative Tagesgeschäft ein. Das ging so weit, dass Airline-Chef Näf erst am Montagmorgen erfuhr, dass sein Sicherheitschef übers Wochenende vom Gulf-Präsidenten gefeuert worden war. Näf machte den Abflug und landete auf Umwegen in Hongkong. Dort arbeitete er während sieben Jahren bei Metrojet. Eine Gesellschaft, die Privatflugzeuge für vermögende Asiaten betreibt. Bis schliesslich vor drei Jahren das Angebot aus Saudi-Arabien winkte.