Terraoil Die Credit Suisse ist Hausbank der Firma Terraoil und vermittelte ihr einen Coronakredit. Obwohl es Hinweise auf Geldwäsche gab.
Die Pläne der Terraoil waren hochtrabend. 2011 siedelte der albanische Erdölförderer in der Schweiz an. In St. Gallen bezog die Firma zunächst eine Jugendstilvilla im Osten der Stadt. Der kantonale Volkswirtschaftsdirektor Benedikt Würth lobte damals die Ansiedlung als «sehr erfreulich». Denn Terraoil verkaufte sich den hiesigen Standort-Förderern gegenüber als aufstrebende Cleantech-Firma. Die Ölfirma behauptete nämlich, ein neuartiges Förderverfahren anzuwenden, bei dem nebst Schwarzem Gold gleichzeitig auch noch CO2-freier Strom anfällt. Mit ihrem mehrfach patentierten sogenannten Hertel-Motor» würde Verdampfungsenergie einer Flüssigkeit mittels Erdwärme und Mikrowellen erzeugt und dann einem Motor zugeführt, der daraus klimafreundlichen Strom generiert.
Warnlampen auf rot
Was obskur tönt, ist es wahrscheinlich auch. Bereits im Artikel des St. Galler Tagblatts von 2011 anlässlich der Ansiedlungder Firma leuchten Warnlampen auf. Angefragte ETH-Fachleute haben entweder noch nie etwas von diesem sogenannten Hertel-Motor» gehört oder sie bezeichnen dessen Technik als «suspekt». Mehr noch: Hinter dem angeblichen Wunder-Motor steckt ein Erfinder namens Wolfgang Hertel, der bald darauf als Verwaltungsrat bei Terraoil Einsitz nimmt. Der Deutschkanadier mit Wohnsitz Tirana sass zuvor bei einer Zuger Firma namens IEC Europetrol. Diese hatte ebenfalls Verbindungen nach Albanien und zu dortigen zweifelhaften Ölförder-Projekten, wie kanadischen Medien berichten. Und eben dieser Hertel wurde, zwei Jahre zuvor, in London verhaftet aufgrund eines internationalen Haftbefehls. Kanada wollte ihn wegen Steuerdelikten in Millionenhöhe zur Verantwortung ziehen. Die Auslieferung nach Übersee scheiterte. Stattdessen tauchte Hertel als Motoren-Heilsbringer fürs die angebliche Cleantech-Firma Terraoil im St. Galler Handelsregister.
Mit anderen Worten: Alleine schon ein einfacher Personen- und Faktencheck beziehungsweise eine Zeitungslektüre hätte genügt, um herauszufinden, dass bei Geschäften mit Terraoil für die CS erhöhte Vorsicht geboten ist. So verlangt es grundsätzlich das Geldwäschereigesetz. Und dies bestätigt auch Peter V. Kunz, Geldwäscherei-Experte und Professor für Wirtschaftsrecht, wie er jüngst in der Sendung «Kassensturz» sagte: Eine Bank habe eine Vielzahl von Möglichkeiten, so Kunz, mit denen sie klären könne, ob etwas faul sei. «Medienberichterstattungen sind ein Teil davon.» Das SRF-Konsumentenmagazin machte den Terraoil-Fall als erste publik.
Wiederkehrendes Muster
Trotz dieser «red flags», wie es im Jargon heisst, ist die Credit Suisse seit Jahren Hausbank der Terraoil Swiss. Über Konten bei der Zürcher Grossbank und bei der Liechtensteiner Landesbank LLB wickelte der Zuger Erdölförderer einen beträchtlichen Teil seiner Geschäfte ab. Der «Handelszeitung» liegen diverse Spesen- und Kontoauszüge der Firma aus verschiedenen Geschäftsperioden vor. Dabei zeigt sich ein Muster: Zum Teil hohe sechsstellige Beträge werden bei Terraoil Swiss eingebucht und sofort weitergereicht. Die Beträge stammen jeweils von Kapitalgebern, die Terraoil-Aktien gezeichnet haben. Zwischenzeitlich hat gemäss Unterlagen die Firma über 200 Investoren. Die eingezahlten Beträge fliessen jedoch sogleich ab, und zwar als Darlehen («loans») an eine Tochterfirma in Albanien.
Die kurze Verweildauer wirft Fragen auf. Allgemein gesprochen, sei dies zwar zulässig, aber nicht üblich, findet Geldwäsche-Experte Kunz im «Kassensturz»: «Wenn Hunderttausende von Franken auf ein Konto eingezahlt werden und innert 24 Stunden geht das Geld wieder raus, dann muss die Bank erklären können, weshalb das so ist. Man braucht eine gute Erklärung, man muss nachfragen, man muss das abklären.»
Terraoil weist Verlustvortrag von 55 Millionen Dollar aus
Sekundiert wurden die kontoführenden Banken bei Terraoil von renommierten Wirtschaftsprüfgesellschaften. Bis im Frühjahr 2020 testierte EY die Bücher der Erdölfirma. Seither ist es die BDO. Sie hat Mitte letzten Jahres auch den Abschluss für 2019 angefertigt. Dieser lässt tief blicken und nährt zugleich den Verdacht, dass es sich bei Terraoil um ein Fass ohne Boden handelt.
So belaufen sich fürs Berichtsjahr die Einnahmen aus dem eigentlichen Kerngeschäft, der Ölförderung, bloss auf 2,5 Millionen Dollar. Demgegenüber stehen administrative Kosten von über 10 Millionen Dollar, wovon alleine die Lohnkosten für die fünf Angestellten der Zuger Muttergesellschaft 2,8 Millionen Dollar betragen. Ein stolzer Betrag. Für nicht näher bezeichnete Finanzberatungen gingen nochmals 3,6 Millionen Dollar drauf. Kurzum: Terraoil Swiss verbrannte im Berichtsjahr munter Geld. 2019 belief sich der Verlust auf über 11 Millionen Dollar. Es ist dies jedoch kein einmaliger, operativer Ausrutscher. Der Verlustvortrag der Gesellschaft seit Gründung beträgt ganze 55 Millionen Dollar.
Buchprüfer BDO zweifelt an Terraoil
Das Setup scheint also die Gestalt eines von Beginn weg operativ unrentablen Durchlauferhitzers mit einer verhältnismässig hohen Kostenstruktur zu haben. Sie wird einzig durch wiederholte Kapitalspritzen am Leben erhalten. Selbst den Buchprüfern der BDO ist da nicht mehr ganz geheuer. Ihr bisher letztes Prüfurteil versehen sie mit dem Warnung, wonach «wesentliche Unsicherheiten in Bezug auf die Unternehmensfortführung» bestünden. Mit anderen Worten: Die Buchprüfer haben zumindest Zweifel, ob Terraoil Swiss überlebensfähig ist.
Angesichts dieses Verdikts zum Prä-Corona-Geschäftsgang mutete es umso erstaunlicher an, dass die Hausbank Credit Suisse telquel Terraoil im Frühjahr 2020 einen vom Bund verbürgten Maximalkredit über eine halbe Millionen Franken vermittelte, wie die Handelszeitung seinerzeit berichtete.
Ein Betrag übrigens, der deutlich höher ist also jene maximal zulässigen 10 Prozent des ausgewiesenen Umsatzes von 3,5 Millionen Franken fürs Geschäftsjahr 2019.
Inzwischen hat sich im Fall Terraoil die Staatsanwaltschaft Zug eingeschaltet.